
Die Blaue Kornblume – Symbol mit belasteter Vergangenheit
Die Kornblume hat in der deutschen und österreichischen Geschichte eine spezifische Symbolik. Sie spielte in der Romantik eine Rolle, wurde mit Kaiser Wilhelm I. und Otto von Bismarck assoziiert und war zugleich ein Erkennungszeichen der deutschnationalen Bewegung des 19. Jahrhunderts. In Österreich wurde sie vor allem durch die antisemitische Schönerer-Bewegung instrumentalisiert, die sich für den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich und die Ausgrenzung von Jüd:innen einsetzte. Georg von Schönerer, Begründer der Alldeutschen Vereinigung, propagierte bereits in den 1880er Jahren den Arierparagraphen, der den Ausschluss von Jüd:innen aus Vereinen und Organisationen forderte – ein Vorbild für die späteren nationalsozialistischen Rassengesetze.
Nach dem Verbot der NSDAP in Österreich (1933) wurde die Kornblume das Erkennungszeichen der nun illegalen Nationalsozialist:innen. Wer sie trug, bekannte sich zur NS-Ideologie, ohne gegen das Verbot zu verstoßen. Nach dem Zweiten Weltkrieg behielt die Kornblume ihre Bedeutung in deutschnationalen Kreisen und wurde von der rechtsextremen FPÖ als politisches Symbol verwendet. Auch in Deutschland nutzten AfD-Politiker die Blume immer wieder– u.a. Andreas Wild, der dafür 2019 im Berliner Abgeordnetenhaus einen Ordnungsruf erhielt. Diese Entscheidung wurde 2019 vom

Torben Braga und seine Burschenschafter-Vergangenheit
Dass Braga nun die Kornblume am 25.03.2025 am Revers trug, ist angesichts seiner politischen Biografie kaum verwunderlich. Der heutige AfD-Bundestagsabgeordneter war u.a. Sprecher der Deutschen Burschenschaft (DB). Dieser Dachverband vereint völkische Studentenverbindungen die bis heute am „ Arierparagraphen“ festhalten. Die DB pflegt ein deutschnationales Weltbild, das den Nationalstaat als ethnisch homogene Gemeinschaft definiert und sich gegen multikulturelle Gesellschaften richtet. Deutschnationale Burschenschaften lehnen die Eigenständigkeit Österreichs ab und sehen das Land als Teil eines „Großdeutschen Vaterlands“. Sie berufen sich auf die Tradition des 19. und frühen 20. Jahrhunderts – genau jene Bewegung, die auch die Kornblume als Symbol verwendete. Auch sonst fällt Braga mit seiner Nähe zum völkischen Flügel der AfD sowie der Verbreitung rechtsextremer Ideologie auf. Während seiner Zeit im Thüringer Landtag galt er enger Vertrauter von Höcke. Anlässlich des 80. Jahrestages der Bombardierung Dresdens durch die Alliierten im Februar 1945 verbreitete er einen Artikel mit geschichtsrevisionistischem Inhalt. Der Artikel wurde 1965 vom späteren RAF-Mitglied Ulrike Meinhof verfasst. Darin verbreitete sie u.a. falsche Opferzahlen des rechtsextremen Geschichtsrevisionisten David Irving. Meinhof konnte sich mit der Propaganda des Revisionisten Irving arrangieren, da beide einen rigorosen, antiwestlichen Affekt teilten. Braga wiederrum nahm Meinhof als linksradikale Kornzeugin für sich in den Dienst, um sich vom Vorwurf des rechten Geschichtsrevisionismus zu befreien.
Die Strategie der Verharmlosung
Eine typische Taktik der Neuen Rechten: In der Zeitschrift "Sezession" beschrieb der AfD-Vordenker Götz Kubitschek 2019 diese Methode als gezielte "Selbstverharmlosung".1 Nach der erfolgten Provokation folgt das Zurückrudern, oft kombiniert mit einer gezielten "Verzahnung", das heißt, der Indienstnahme von demokratischen Akteuren oder sogar dem politischen Gegner, um die eigene Position zu legitimieren. Wie viele Träger der Kornblume versuchte er sich auf X (vormals Twitter) vom Vorwurf der NS-Symbolik zu distanzieren. Die blaue Blume – die keine Kornblume sei – stehe „für vieles“.2 Für was genau, spezifizierte er jedoch nicht. Häufig verweisen Träger der Blume auf ihre vermeintliche Harmlosigkeit oder deklarieren sie als Zeichen für Kaiser Wilhelm I. oder Bismarck. Eine ähnliche Strategie verfolgt die rechtsextreme FPÖ in Österreich, deren Politiker:innen regelmäßig mit der Kornblume auftreten und behaupten, sie sei ein Symbol der „bürgerlichen Freiheitsbewegung“ von 1848 – ein historisch nicht belegter Mythos. Diese bewusste Umdeutung von Symbolen ist eine gängige Taktik der extremen Rechten. Indem Akteure wie Braga umstrittene Zeichen als harmlos darstellen, normalisieren sie deren Verwendung und erschweren eine kritische Auseinandersetzung mit ihrer ideologischen Bedeutung. So werden extrem rechte Inhalte schleichend in den politischen Mainstream integriert.
Wandel und Radikalisierung
Torben Braga reiht sich mit dem Tragen der Kornblume in eine lange Tradition deutschnationaler und rechtsextremer Symbolpolitik ein. Seine Vergangenheit als Sprecher der Deutschen Burschenschaft und seine ideologische Verortung lassen kaum Zweifel daran, dass er genau wusste, welche Bedeutung dieses Zeichen hat. Die Verharmlosung und Umdeutung solcher Symbole ist Teil einer größeren Strategie der extremen Rechten, um ihre Ideologie in der Gesellschaft zu verbreiten und die etablierte Erinnerungskultur zu schwächen. Mit dem wachsenden Einfluss radikalerer Kräfte innerhalb der AfD verändert sich auch ihr Umgang mit der Geschichte: Während bisher vor allem geschichtsrevisionistische Verharmlosungen dominierten, treten zunehmend auch offene positive Bezüge auf den Nationalsozialismus zutage. Ein alarmierendes Zeugnis dafür, wie sicher sich die AfD vor dem Hintergrund eines stockenden Verbotsverfahrens zu fühlen scheint.