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Höckes Simson-Ausfahrt zwischen Ostalgie und Revisionismus

Am 30. August 2024 hält Björn Höcke, führender Kopf der AfD in Thüringen, in Greiz eine Wahlkampfveranstaltung der besonderen Art ab: Eine Mopedausfahrt mit Modellen der Kultmarke Simson. Diese Aktion ist nicht nur aufgrund der Wahlkampfstrategie bemerkenswert, sondern auch wegen der historischen und symbolischen Bedeutung, welche die Simson-Mopeds in der Region haben.

Wahlkampfauftritt auf einem kultigen DDR-Moped: Björn Höcke führt am 30.08.2024 einen "Simson-Corso" im Greizer Wahlkreis durch. Die komplexe Geschichte des Unternehmens wird zu Gunsten simpler "Ostalgie" verkürzt.
Wahlkampfauftritt auf einem kultigen DDR-Moped: Björn Höcke führt am 30.08.2024 einen "Simson-Corso" im Greizer Wahlkreis durch. Die komplexe Geschichte des Unternehmens wird zu Gunsten simpler "Ostalgie" verkürzt.

Simson, ein ursprünglich jüdisches Unternehmen aus Suhl in Südthüringen, war einst ein bedeutender Waffen- und Fahrzeughersteller. 1936 wurde es von den Nationalsozialisten unter Gauleiter Fritz Sauckel enteignet, die Eigentümer flohen in die Schweiz und emigrierten später in die USA. Während der DDR-Zeit wurde das Unternehmen verstaatlicht, doch die historische Verbindung blieb im Bewusstsein der Menschen lebendig. Noch in der DDR sagte mancher Werktätiger er gehe „beim Juden“ arbeiten – ein zynisches Überbleibsel der erzwungenen Enteignung. Nach der Wende wurden die Simson-Mopeds zu einem Kultobjekt, das mit der ostdeutschen Identität und dem ambivalenten Erbe der DDR eng verknüpft ist.

Eine blaue Schwalbe - eines der beliebtesten Mopeds aus DDR-Produktion.
Eine blaue Schwalbe - eines der beliebtesten Mopeds aus DDR-Produktion.

Björn Höcke ist in seiner politischen Rhetorik bekannt für seine Janusköpfigkeit in Bezug auf die DDR-Vergangenheit. Mal verteufelt er das Regime als Unrechtsstaat, mal instrumentalisiert er nostalgische Gefühle, um die ostdeutsche Identität für seine politischen Zwecke zu nutzen. Diese Ambivalenz spiegelt sich in seiner Wahlkampfaktion wider: Mit der Simson-Mopedausfahrt nutzt er ein Symbol, das tief in der ostdeutschen Kultur verwurzelt ist, gleichzeitig aber auch auf die Verbrechen des Nationalsozialismus verweist, welche er regelmäßig zu relativeren versucht.

Die Wahlkampfaktion in Greiz zeigt, wie geschickt Höcke historische Bilder instrumentalisiert, um unterschiedliche Wählergruppen anzusprechen. Während die Simson-Mopeds für viele Ostdeutsche ein Symbol für Freiheit und Mobilität in der DDR sind, erinnert ihre Geschichte auch an die Schrecken des Nationalsozialismus und die komplexe Vergangenheit der Region. Höckes Umgang mit diesen Symbolen ist somit mehr als nur ein Wahlkampfmanöver; er ist Ausdruck einer politischen Strategie, die auf Geschichtsrevisionismus und die gezielte Instrumentalisierung der ambivalenten DDR-Erfahrung der Ostdeutschen setzt. Nach den wenig erfolgreichen TV-Auftritten Höckes fokussiert sich der Wahlkampf der AfD wieder auf die eigene „Bubble“ bzw. die selbst gezimmerte Echo-Kammer der AfD-Familienfeste, bei denen kein kritischer Einspruch zu erwarten ist und Höcke ungehindert seine Propaganda verbreiten kann.


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