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Vordenker des Nationalsozialismus als Paten des AfD-Programms

Notorisch versuchen Politiker:innen der AfD, die Verbrechen des Nationalsozialismus kleinzureden und zu verharmlosen. Zunehmend kommen aus der AfD aber auch positive Bezugnahmen auf den Nationalsozialismus. Aktuell machen zwei Beispiele aus Thüringen von sich reden.

Die Thüringer AfD hat die SA-Parole "Alles für Deutschland" in "Alles für Thüringen" umgemünzt und auf der Titelseite ihres Wahlprogramms positioniert.
Die Thüringer AfD hat die SA-Parole "Alles für Deutschland" in "Alles für Thüringen" umgemünzt und auf der Titelseite ihres Wahlprogramms positioniert. ©Screenshot, https://thueringen-landtagswahl.de/programm/, aufgerufen am 13.08.2024

Die AfD und "Das Dritte Reich"

Am 12. Juli 2024 postete der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke einen Beitrag mit einem Arthur Moeller van den Bruck zugeschriebenen Zitat. Moeller van den Bruck, einer der Hauptvertreter der „Konservativen Revolution“, die dem Nationalsozialismus rechtsintellektuell das Feld bestellte, starb zwar schon 1925. Sein Hauptwerk allerdings wurde zum Namensgeber für den NS-Staat. Es war das Buch „Das Dritte Reich“.

 

Das im Screenshot abgebildete Zitat lautet: "Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, um sie zur Besinnung zu bringen. Bei den Deutschen, so scheint es, bedarf es den Untergang."
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Screenshot eines Telegram-Posts von Björn Höcke, 12.7.2024
Auf diesem Bild sehen Sie die Titelseite der 1931 erschienen Ausgabe des Buches "Das Dritte Reich" von Arthur Moeller van den Bruck. Die Erstausgabe kam 1923 heraus.
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Titelseite einer 1931 erschienenen Ausgabe von "Das dritte Reich" von Arthur Moeller van den Bruck. ©Universitätsbibliothek Mannheim, https://digi.bib.uni-mannheim.de/urn/urn:nbn:de:bsz:180-digad-16816

In seinem Post bezieht sich Höcke positiv auf den Vordenker des Dritten Reiches. Zudem schreibt er, der „Selbsthass“ und der „Sündenstolz“ der Deutschen sei „Unkraut“ – ersteres klassische Begriffe der Neuen Rechten, mit denen die kritische Auseinandersetzung mit dem NS diskreditiert wird, letzteres unverhohlene NS-Sprache.

Ebenfalls einen positiven Bezug zum Nationalsozialismus setzt die AfD Thüringen in ihrem Wahlprogramm zur Landtagswahl 2024, indem sie dem Programm einen Liedtext von Franz Langheinrich voranstellt.

Der Liedtext selbst ist heimattümelnd-harmlos und stammt von 1912, also lange vor der NS-Zeit. Der positive NS-Bezug liegt in der Person von Franz Langheinrich (1864-1945), der mit der Voranstellung seines Liedes und seiner Namensnennung gewissermaßen die Rolle eines Paten des Wahlprogramms bekommt.

Franz Langheinrich war jedoch kein harmloser Heimatdichter, sondern ein völkischer Vordenker und glühender Anhänger des Nationalsozialismus. Er war Mitglied der „Deutschen Kunstgesellschaft“, einer laut der Kunsthistorikerin Kirsten Baumann „extrem aggressiven, völkisch-fundamentalistischen Gruppierung“, die um 1930 im „Kampfbund für deutsche Kultur“ des NS-„Blut-und-Boden“-Chefideologen Alfred Rosenberg aufging (vgl. Kirsten Baumann, Wortgefechte. Völkische und nationalsozialistische Kunstkritik 1927-1939, Weimar 2002).

In Thüringen, in dem völkische und nationalsozialistische Kulturpolitik ab 1924 besonders schnell Fuß fassen konnten, war die Deutsche Kunstgesellschaft besonders stark aufgestellt. Ehrenmitglieder waren etwa der Architekt und NS-Politiker Paul Schulze-Naumburg, den der nationalsozialistische Volksbildungsminister Wilhelm Frick 1930 als Direktor der Hochschule für Baukunst in Weimar eingesetzt wurde, sowie der radikale Antisemit und Rassetheoretiker Hans F.K. Günther („Rasse-Günther“), dem Frick 1930 eine Professur für „menschliche Züchtungslehre“ an der Universität Jena verschaffte.

In diesen Kreisen bewegte sich Langheinrich. Mindestens zwischen 1934 und 1936 schrieb er für die NS-Parteizeitung „Völkischer Beobachter“. Ab 1935 war er Redakteur der antisemitischen Kunstzeitschrift „Das Bild“, zudem schrieb er für die NS-nahe Zeitschrift „Das Bayerland“. Dort veröffentlichte er Lobeshymnen auf Adolf Hitler und hetzte gegen „entartete Kunst“ und das „verkommene Untermenschentum unter semitischer Führung“.

Den meisten Adressat:innen des Wahlprogramms der AfD Thüringen wird der nationalsozialistische Hintergrund seines Paten nicht bekannt sein. Wenn dem Programm aber ein Liedtext eines aggressiv antisemitischen und völkischen NS-Dichters vorangestellt wird, dann ist das (auch wenn der Liedtext selbst harmlos ist) eine Botschaft an das ideologische geschulte „patriotische Vorfeld“ um Götz Kubitschek und Jürgen Elsässer sowie in der identitären Bewegung. Dort kommt die Botschaft sicherlich an: Die AfD Thüringen beruft sich auf völkische und nationalsozialistische Denker. Dazu passt auch der Titel des Wahlprogramms: „Alles für Thüringen“ prangt in großen Lettern auf dem Cover, eine Anspielung an die verbotene Losung der nationalsozialistischen SA „Alles für Deutschland“, für deren Verwendung  Höcke bereits zweimal verurteilt wurde.


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