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Dr. Wolfgang Lauerwald (AfD) in Gera

Dr. Wolfgang Lauerwald, seit 2019 für die AfD im Thüringer Landtag, zog 2024 erneut ins Landesparlament für den Wahlkreis 42 (Gera II) ein. Lauerwald bewegt sich seit Jahren im rechtsextremen Milieu der Reichsbürger:innen-Szene und vertritt geschichtsrevisionistische Positionen.

Dr. Wolfgang Lauerwald tritt bei der Landtagswahl 2024 für den Wahlkreis 42 (Gera II) für die AfD an, hat aber auch enge Verbindungen zu lokalen Rechtsextremen.
Dr. Wolfgang Lauerwald tritt bei der Landtagswahl 2024 für den Wahlkreis 42 (Gera II) für die AfD an, hat aber auch enge Verbindungen zur lokalen rechtsextremen Szene.

Parlamentarier und Multiplikator

Am 20. August 2024 erlangte Lauerwald bundesweite Aufmerksamkeit, als er bei einer Diskussionsveranstaltung des Geraer Studentenfördervereins in Verlegenheit geriet. Auf die Frage, welche Maßnahmen er oder seine Partei in den letzten fünf Jahren zur Förderung des Hochschulstandorts Gera ergriffen hätten, reagierte er mit einem Blackout, was im Saal für Gelächter sorgte. Dieser Vorfall verdeckt jedoch seine tiefen Verbindungen zur rechtsextremen Szene, in der er geschichtsrevisionistische Ideologien propagiert und engen Kontakt zu Reichsbürger:innen und Antisemit:innen pflegt. Der Landtagsabgeordnete ist unter anderem mit dem rechten Verein „Miteinanderstadt Gera“ sowie der Mischszene aus Corona-Leugner:innen und Neonazis eng verbunden.

Von der Corona-Diktatur zum Deutschen Reich

Während der Corona-Pandemie profilierte sich Lauerwald als prominenter Gegner der Schutzmaßnahmen und verbreitete die Vorstellung einer „Impf-Diktatur“. Im Rahmen der Proteste gegen die Corona-Schutzverordnung fanden bundesweit Demonstrationen und „Spaziergänge“ statt, bei denen eine Mischung aus Esoteriker:innen, Verschwörungstheoretiker:innen und Neonazis zusammenkam. Auch in Gera nahm Lauerwald regelmäßig an solchen Veranstaltungen teil, oft Seite an Seite mit dem Reichsbürger und Antisemiten Frank Haußner. Lauerwald selbst trat mehrmals als Redner auf. Haußner, bekannt für seine antisemitischen Verschwörungstheorien über den vermeintlichen „Deep State“, globale Netzwerke und satanische Rituale geheimer Eliten, scheint sich mit Lauerwald bestens zu verstehen. Ob Letzterer erst im Zuge der Pandemie zur Ideologie der Reichsbürger:innen fand oder diese schon vorher teilte, ist unklar. Unzweifelhaft ist jedoch, dass ihm die politische Zusammenarbeit mit diesen Gruppen sichere Wählerstimmen bei der Landtagswahl einbringt.

Treffen der „Bundesstaaten 25+1“: Lauerwald zwischen Preußentum und Elsass-Lothringen

In der Erzählung der Reichsbürger:innen sind die demokratisch gewählten Regierungen der Länder lediglich „Marionetten und Handlanger“ einer globalen Elite, welche die eigentlichen Geschicke der Welt lenkt. Die Bundesrepublik wird häufig als nicht souverän, von den Alliierten besetzt oder als „GmbH“ bezeichnet. In den Augen der Akeur:innen ist das Grundgesetz keine legitime Verfassung, Gültigkeit habe nach wie vor das Deutsche Reich von 1871.1

Im Sinne dieser Logik ist es dann nur folgerichtig, dass Deutschland nicht nur über die aktuellen 16 Bundesländer verfügt. Im April 2024 traf sich in Gera ein ganzes Potpourri fahnenschwenkender Revisionist:innen auf der sogenannten „25+1 Bundesstaaten“-Demonstration, die sich als legitime Vertreter:innen von spätestens seit dem Ende des zweiten Weltkrieges (wieder) im Staatsgebiet anderer Nationen befindlicher Regionen wie Elsass-Lothringen, Schlesien oder Ostpommern sahen. Der geschichtsrevisionistische Mythos von der fehlenden Legitimität der heutigen Bundesrepublik rechtfertig in diesem Zusammenhang revanchistische Forderungen. Auch hier war Wolfgang Lauerwald von der AfD wieder fester Bestandteil der Szenerie.2

Flyer für die "25+1 Bundesstaaten"-Demonstration vom 06. April 2024 in Gera.
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Flyer für die "25+1 Bundesstaaten"-Demonstration vom 06. April 2024 in Gera.
Szene vom 06. April 2024: Uniformen, Pickelhauben und Preußenadler gehörten fest ins Bild der "25+1 Bundesstaaten"-Veranstaltung.
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Szene vom 06. April 2024: Uniformen, Pickelhauben und Preußenadler gehörten fest ins Bild der "25+1 Bundesstaaten"-Veranstaltung.

Trotz unterschiedlicher Ansichten darüber, welche Grenzen gelten, welches Staatsmodell ideal ist oder wer der legitime Herrscher sein sollte, eint die Reichsbürger:innen ein gemeinsamer Nenner: Geschichtsrevisionismus. Was von außen betrachtet absurd erscheinen mag – Menschen, die in selbstgebastelten Uniformen Fahnen von Elsass-Lothringen schwenken und ihre demokratischen Rechte gegen die Unterordnung unter einen monarchistischen Herrscher eintauschen möchten – sollte nicht unterschätzt werden. Die autoritären Sehnsüchte nach einem starken Mann, sei es nun Björn Höcke oder der selbsternannte „König von Deutschland“ Peter Fitzek, bilden in Kombination mit dem Geschichtsrevisionismus eine gefährliche Mischung.

Die zunehmende Radikalisierung der Szene, die Abkoppelung von historischer Faktizität oder auch nur der praktischen Erfahrung des Alltagslebens in der Bundesrepublik, die von den Reichsbürger:innen gern als „Simulation“ bezeichnet wird, macht dieses Milieu für rationale Gesprächsangebote kaum noch zugänglich. Die scheinbare Widersprüchlichkeit von der Leugnung der Existenz der Bundesrepublik samt ihren Institutionen bei gleichzeitiger Unterstützung einer Partei im Landtagswahlkampf löst sich erst im Betrachten ihrer Gemeinsamkeiten auf: Antisemitische Verschwörungstheorien, autoritäre Sehnsüchte und Geschichtsrevisionismus. Dr. Wolfgang Lauerwald bildet eine der zahlreichen Schnittstelle zwischen rechter Mischszene auf der Straße und parlamentarischer Vertretung durch die AfD. In Thüringen scheint dieses Bündnis für den Landesverband kein Problem darzustellen.

[1] Vereinzelte Reichsbürger:innen behaupten auch, der Deutsche Bund von 1815 habe Gültigkeit oder beziehen sich gleich auf die Haager Landkriegsordnung als einzige relevante Rechtsbasis. Das Spektrum der Annahmen ist relativ weit und wird nur notdürftig durch die gemeinsamen Nenner Geschichtsrevisionismus und Antisemitismus zusammengehalten.

[2] Vgl. Jean-Philipp Baeck/Anne Fromm/u.a.: AfD bei den Landtagswahlen: Wer zur Wahl steht. In: TAZ (2024), Berlin.


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