Startseite FAQ Kontakt Impressum Datenschutz

Arnshaugk Verlag in Neustadt an der Orla

Der im März 2024 verstorbene Uwe Lammla war Betreiber des Arnshaugk Verlages in Neustadt an der Orla. Verlag und Autor taten sich durch eine nostalgisch verklärte Rückbesinnung auf die deutsche Romantik, eine gedankliche Nähe zur Neuen Rechten sowie direkte Kooperationen mit rechtsextremen Musiker:innen hervor. Der Arnshaugk Verlag steht exemplarisch für eine Verbindung von antiaufklärerischer Idealisierung der Romantik, Verherrlichung der „Konservativen Revolution“ und offenem Antisemitismus.

Der Arbeitskreis für Deutsche Dichtung 2017 bei seiner Tagung mit Uwe Lammla (2. von links) vor der rechtsextremen Immobilie "Hufhaus" in Illfeld im Südharz. Die Tagung sollte ursprünglich in Duderstadt stattfinden - durch einen anonym Hinweis jedoch machte der Gastgeber von seinem Hausrecht Gebrauch und warf die "Deutschen" Dichter raus. Der aus der bündischen Bewegung stammende Arbeitskreis ist seit dem Ableben von Uew Lammla ohne Vorsitzenden.
Der Dichter und Kopf hinter dem Arnshaugk Verlag Uwe Lammla (2. von links) beim Jahrestreffen vom "Arbeitskreis für Deutsche Dichtung" 2017 vor der rechtsextremen Immobilie "Hufhaus" in Illfeld im Südharz. Die Tagung sollte ursprünglich in Duderstadt stattfinden - durch einen anonym Hinweis jedoch machte der Gastgeber von seinem Hausrecht Gebrauch und warf die "Deutschen Dichter" raus. Der aus der bündischen Bewegung stammende Arbeitskreis ist seit dem Ableben von Uwe Lammla ohne Vorsitzenden.

Uwe Lammla und seine ideologischen Wurzeln in der Romantik

Der 1961 in Neustadt an der Orla geborene Uwe Lammla war selbst Schriftsteller und Dichter und verstand sich als Bewahrer und Erneuerer der Deutschen Romantik. Doch in seiner literarischen Tätigkeit und den Auswahlkriterien seines Verlags verbarg sich mehr als bloße Begeisterung für die Epoche des späten 18. und frühen 19. Jahrhundert. Lammla knüpfte an eine Tradition an, die sich auch gegen die Moderne und die Aufklärung richtete. In dieser Ablehnung von Rationalität und Universalismus fand Lammla eine ideologische Brücke zu Denkern der neuen Rechten, welche die Romantik als spirituelle und kulturelle Gegenbewegung zur Globalisierung, zur Moderne und zur Demokratie stilisierten. Die Sehnsucht nach einer überzeitlichen Identität und einer quasi-natürlichen, organischen Gemeinschaft bildeten einen Nährboden für antidemokratische, völkische Ideologien. Diese Gedankenwelt ist nicht neu: Bereits im späten 19. Jahrhundert diente die Romantik als ideologische Projektionsfläche für konservative und nationalistische Bewegungen.

Von der Romantik zur „Konservativen Revolution“ und der „Neuen Rechten“

Während Lammla harmlose Bücher über Naturheilkunde oder das Leben der Bienen vertrieb, nahm er auch Klassiker der „Konservativen Revolution“ ins Repertoire auf. Der Begriff der „konservativen Revolution“ wurde durch den Schweizer Armin Mohler geprägt. Mohler gilt als "ideologischer Ziehvater" der „neuen Rechten“ in Deutschland um Karlheinz Weissmann und Götz Kubitschek, die im Jahr 2000 gemeinsam das Institut für Staatspolitik in Schnellroda gründeten. Armin Mohler selbst versuchte in seiner Dissertation Autoren wie Oswald Sprengler („Der Untergang des Abendlandes“), Ernst Jünger oder Arthur Moeller van den Bruck („Das Dritte Reich“) als eine eigene, national-konservative Schule der Zwischenkriegszeit darzustellen. Die Autoren der „Konservativen Revolution“ inszenierte er als vernünftiges, weniger radikales Gegenstück zum aufkommenden Nationalsozialismus. Die ideologischen wie in Teilen auch persönlichen Überschneidungen zwischen Vertretern der „Konservativen Revolution“ und dem Nationalsozialismus gaben diese konstruierte Trennung allerdings gar nicht her; Mohlers Versuch der Ehrenrettung von völkischem Nationalismus, Elitarismus, heroischem Soldatentum und einer überzeitlichen Bestimmung des Deutschtums in scheinbarer Abgrenzung zum Nationalsozialismus war all zu offensichtlich.Im Onlineshop der Verlages finden sich gleichermaßen die Originale der „Konservativen Revolution“, wie z.B. die Bücher des Antisemiten Hans Blüher, aber auch die Pamphlete von Armin Mohler und seinen ideologischen Nachkommen. Darüber hinaus verkaufte Lammla auch Bücher des Neonazi-Anwalts Björn Clemens, dem österreichischen, rechtsextremen Schreiberling Martin Lichtmesz aka Martin Semlitsch bis hin zu Werner Bräuningers Biografie über den Neonazi-Kader Michael Kühnen.  

Ideologischer Vordenker der "Neuen Rechten": Armin Mohler. Der Schweizer gilt Götz Kubitschek, Karlhein Weissmann und vielen weiteren als Vorbild.
Ideologischer Vordenker der "Neuen Rechten": Armin Mohler. Der Schweizer gilt Götz Kubitschek, Karlheinz Weißmann und vielen Weiteren als Vorbild.

Offener Antisemitismus

Besonders problematisch ist die Verbreitung der Schriften von Gottfried Feder, einem führenden Ideologen des frühen Nationalsozialismus. Feder gilt als einer der zentralen wirtschaftspolitischen Denker der NSDAP, dessen antikapitalistische und antisemitische Thesen die wirtschaftliche Programmatik des Nationalsozialismus prägten. Seine Schrift "Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft" propagiert eine fundamental antisemitische Ideologie, die Juden als vermeintliche Drahtzieher des internationalen Finanzkapitals dämonisiert. Dass der Arnshaugk Verlag solche Schriften im 21. Jahrhundert wieder auflegt, ist keine historische Auseinandersetzung mit kontroversen Texten – es ist eine gezielte Rehabilitierung antisemitischen Gedankenguts.

Gottfried Feder war ein fanatischer Antisemit und spielte insbesondere in der Frühphase der NSDAP eine entscheidende Rolle bei der ideologischen und programmatischen Ausrichtung der Partei.
1/3
Gottfried Feder war ein fanatischer Antisemit und spielte insbesondere in der Frühphase der NSDAP eine entscheidende Rolle bei der ideologischen und programmatischen Ausrichtung der Partei.
Gottfried Feders "Kampf gegen die Hochfinanz" in einer Ausgabe aus dem Jahr 1935.
2/3
Gottfried Feders "Kampf gegen die Hochfinanz" in der 6. Ausgabe aus dem Jahr 1935.
3/3
Im Onlineshop des Arnshaugk Verlages sind beide Schriften von Gottfried Feder erhältlich.

Deutsche Passion: Geschichtsrevisionismus mit Neofolk-Vertonung

Neben der Verbreitung antisemitischer Literatur fiel Lammla auch mit eigenen, revisionistischen Interpretationen der deutschen Geschichte auf. In seinem Gedicht „Deutsche Passion“ konstruiert er ein Opfer-Narrativ für Deutschland, in dem er Großbritannien die Hauptschuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs zuschreibt: „Die deutschen Erfolge, die Flotte, das Heer, Ertrugen die Angeln nur knirschend und schwer.“ Diese Darstellung ignoriert die komplexen Ursachen des Ersten Weltkriegs und deutet die historische Realität auf absurde Weise um.2 Den Versailler Friedensvertrag bezeichnet Lammla „schlimmer als jeglicher Krieg, Im Osten zerstückelt, im Westen besetzt“ und knüpft damit offen an revanchistische Agitation der Zwischenkriegszeit an.

Die Vernichtungspolitik des Nationalsozialismus deutet er als Versuch „den Haß aus der Welt Mit Waffen zu kehrn, mit Gefolgschaft allein, Als könne der Führer der Gottessohn sein“ Zwar bewertete Lammla die propagandistische Inszenierung Hitlers als Abgesandten mit göttlichem Auftrag als blasphemisch, doch ist die Vorstellung, dass die Deutschen den „Hass aus der Welt kehren wollten“ eine Umkehr der Tatsachen: Die Nationalsozialist:innen haben mit ihrer Propaganda und Vernichtungspolitik den Hass in die Welt hineingetragen. Wenig überraschend ist es dann auch, dass Lammler sein Gedicht 2010 von den Neofolkbands „Spreu und Weizen“ und „Von Thronstahl“ hat vertonen lassen – erster kokettierte mit faschistischer Ästhetik, letztere bewegte sich unverhohlen in rechtsextremen Kreisen.

Ausschnitt aus dem Gedicht "Deutsche Passion", das 2006 im gleichnamigen Band erschienen ist. Neben zahlreichen, mythologisch aufgeladenen Bildern über "Das Reich" bedient Lammla auch mehrere geschichtsrevisionistische Darstellungen.

Rechte Publizistik am Scheideweg

Der Arnshaugk Verlag unter der Leitung von Uwe Lammla nutzte die deutsche Romantik als ideologisches Vehikel, um völkisches und antiaufklärerisches Denken unter dem Mantel der Kunst zu propagieren. Die Verbreitung antisemitischer Werke wie denen von Gottfried Feder zeigt, dass der Verlag weit über eine bloße Auseinandersetzung mit "verdrängten" historischen Schriften hinausging. Der Arnshaugk Verlag spielte eine Rolle in der Verbreitung von Antisemitismus, völkischem Denken, blinder Idealisierung der Natur und einer mythologisch aufgeladenen Verdrehung der Geschichte. Mit dem Tod Uwe Lammlas ist die Zukunft des Verlags, des rechten „Arbeitskreises für Deutsche Dichtung“, dem er vorsaß, sowie die zum Gelände in Neustadt an der Orla dazugehörige „alternative Kolonie“ allerdings ungewiss. 

[1] Volker Weiß: Die „Konservative Revolution“ - Geistiger Erinnerungsort der „Neuen Rechten“. In: Martin Langebach/Michael Sturm (Hrsg.): Erinnerungsorte der extremen Rechten, Wiesbaden 2015, hier S. 103.

[2] Hier wären exemplarisch neben dem Deutsch-Englischen Flottenwettrüsten u.a. die Balkan-Krise, der überbordende Nationalismus, die Konkurrenz um Kolonien, das Zerfallen des osmanischen Reichs und die aggressive Außenpolitik des deutschen Kaiserreichs (Panthersprung nach Agadir, Niederschlagung des chinesischen Boxeraufstands etc.) bis hin zur „Blankovollmacht“ für Österreich-Ungarn zu nennen.


var _paq = window._paq = window._paq || []; /* tracker methods like "setCustomDimension" should be called before "trackPageView" */ _paq.push(['trackPageView']); _paq.push(['enableLinkTracking']); (function() { var u="https://matomo.buchenwald.de/"; _paq.push(['setTrackerUrl', u+'matomo.php']); _paq.push(['setSiteId', '25']); var d=document, g=d.createElement('script'), s=d.getElementsByTagName('script')[0]; g.async=true; g.src=u+'matomo.js'; s.parentNode.insertBefore(g,s); })();